Schottland - Tour 1993



Mittwoch, 11.08.1993

08:30, km 123.397

Abfahrt Richtung BAB Wiesbaden - Mainz - Koblenz
Tagesziel: Oostende, Belgien

10:25 A 61

erster Tankstopp. Ideales Reisewetter.

12:00 

passieren die jetzt "offene Grenze" nach Holland bei Venlo

12:25, km 123.753 

Mittagspause bei Helden an der E3 v. Eindhoven

17:30, km 124.043, Campingplatz "Tolmzant" / De Haan (vor Oostende)

Die Fahrt verlief ohne Zwischenfälle. Allerdings mussten wir in Antwerpen eine Ehrenrunde drehen, weil ich die Abfahrt nach Zelzate/Kokke verpasst hatte. Das Wetter - Lieblingsthema beim Campingurlaub - wurde leider immer schlechter, je weiter wir vorankamen. Der Himmel färbte sich zunehmend grau und ein starker Westwind kam auf. Bei Zubrügge fing es schließlich an zu regnen.

Kurz vor Oostende fanden wir ohne lange Suche einen Campingplatz. Allerdings musste ich fürchterlich berappen: 1.200 bfr für eine Nacht im Zelt! - Das sind ca. 60,00 DM. Das ist kaum günstiger, als letztes mal im Hotel. Ach so, ganz so schlimm ist es nicht: 600,00 bfr sind ja "nur" Pfand. Mal sehen, ob ich morgen früh noch was zurück bekomme.

Nach dem Abendessen (Chilli con Carne) machten wir noch einen Bummel durch die Dünen zum Strand, gingen bei heftigem Gegenwind bis Den Haan und wieder zurück Das Zelt steht noch - bei schätzungsweise Windstärke 7 - 8 gar nicht so selbstverständlich. Eine Lasche hat's allerdings schon gefetzt, die mussten wir wieder annähen.



Donnerstag, 12.08.1993

08:55, "Prins Filip"

Befinden uns also bereits an Bord der "Prins Filip", P&O-Line, im Hafen von Oostende. Wir hatten die Überfahrt schon von der Heimat aus für DM 290,00 gebucht.

Die Nacht verlief ziemlich unruhig. Nachdem wir gestern Abend noch versuchten, zu telefonieren (hat leider nicht funktioniert - bereits alles auf Telefonkarten umgestellt und die hatten wir für Holland nicht) gingen wir relativ früh schlafen. Zuerst störten uns nur der heftige Wind und die direkt vor dem Zelt stehende helle Lampe, dann kam noch das Prasseln des Regens dazu! - Gleich am ersten Tag bekommen wir alle "Freuden" des Camper-Lebens voll zu spüren.

Das Schlimmste daran ist ja nicht die Nacht selbst, sondern das Aufstehen, Frühstücken und Abbauen am nächsten Morgen. Der Regen hatte zwar wieder aufgehört, aber wir mussten das nasse Zelt im Auto verstauen. Um 7:30 war ich mit der Chefin des Zeltplatzes verabredet, ca. 8:15 hatte ich dann schließlich meine 600,00 bfr wieder und wir konnten aufbrechen.


20:35 (englische Zeit), km 124.639

... finden einen Campingplatz kurz vor Blackpool.

Tagesrückblick: Punkt 13:00 engl. Zeit öffnet die Prins Filip ihr Riesenmaul, speit ihren motorisierten Mageninhalt aus und lässt diesen auf England los. Die Überfahrt verlief - wenngleich auch mit etwas mehr Schaukeln als sonst - problemlos. Mit dem Linksverkehr hatte ich auch keine Probleme mehr und so konnte es sofort zur Sache gehen. Heute gab's nur eins: Kilometer schrubben, möglichst nah' rankommen an die schottische Grenze.

Die Route - nur Autobahn (Entschuldigung: Motorway) - hatte ich schon zu Hause ausgekaspert. Im Gegensatz zu Belgien mussten wir auch keine Ehrenrunde drehen. Selbst um dem Moloch London herum gab's keine Probleme. Alles ist prima ausgeschildert. Die M1, auf der wir uns Schottland nähern, ist bereits südlich von London auf den Hinweisschildern aufgeführt und nicht zu verfehlen. Alles ist 6-spurig ausgebaut. Von einigen Engpässen durch Baustellen abgesehen, fließt der Verkehr besser als in unseren Ballungsgebieten. Zumindest heute war das so. Das Überholen erfordert einige Umstellung. Das Blickfeld ist ein ganz anderes und ständig ist man geneigt, wie zu Hause links vorbeizufahren.

Hier noch einmal die Route: M 20 von Folkstone bis zu M 25, dem Autobahnring rund um London. Nördlich von London gelangten wir auf die M1 und folgten ihr bis zur Abzweigung nach Birmingham. Mehr hatte ich mir eigentlich gar nicht vorgenommen. Aber ich wollte unbedingt weg von den großen Städten und so fuhren wir auf der A 6 immer weiter Richtung Nord-West bis hinter Liverpool. Die Abfahrt Preston benutzten wir als Absprung und fuhren dann Richtung Blackpool weiter um einen Campingplatz zu suchen. Kurz vor Blackpool hatten wir dann schließlich Erfolg. Das Zelt steht, es regnet zur Abwechslung mal nicht. Ringsum weites Land (mit gestern nicht zu vergleichen) und der nette Opa von nebenan hat uns gleich zur Begrüßung mit Tee versorgt. Am Büro hängt ein Schild "Park your Car an check in tomorrow". Na also, endlich wieder alles wie gewohnt. Der Urlaub hat begonnen.


Freitag, 13.08.1993

10:10, Campingplatz

Checkin /Checkout -  Alles in einem erledigt. Ganze 3 Pfund habe ich gezahlt. Die Leute sind freundlich, das Wetter ist o.k. Relativ kühl zwar, aber blauer Himmel mit kleinen weißen Wolken. Vorläufiger Routenplan: Über die M55 zurück zur M 6 "North"; vorbei an Lancaster, Abfahrt A 35a, Carnforth/Warnton, auf A 6 über Beetham in den Lake District; links ab auf die A 590 zum Lake Windermore, dann weiter auf der A 592 Richtung Norden zum Lake Ullswater.

11:55, km 124.748 Lake District, Windermore

Seit Verlassen des Motorway lädt jede Meile zum Verweilen ein  Landschaft pur und überall "alte Steine"...


18:15, km 125.053, Campingplatz  Luss,  Loch Lomond

Wir befinden uns auf dem Campingplatz Luss, Loch Lomond. Die Stimmungskurve ist wieder am Sinken. Haben soeben bei Nieselregen unser Zelt aufgebaut - für 9,50 Pfund direkt neben der Hauptstraße. Hoffentlich ist das hier nicht der Standard. Wir ziehen jetzt noch mal los, um wenigstens was vom "Loch" zu sehen.

20:45, Campingplatz Luss, Loch Lomond

Frustabbau durch Schreiben ist angesagt: Genau wie weiland 1988 bei der Anreise mit dem Fahrrad spielt ausgerechnet an den landschaftlich schönsten Ecken das Wetter nicht mit. Ich sitz' im Auto - draußen stürmt's und regnet's.

Wir haben uns gerade vor dem Zelt eine Suppe warm gemacht. Wollten eigentlich was Essen gehen. Aber auch damit ist's auf der Insel immer das selbe: Richtig gemütlich Kneipen, in denen Du zu einem vernünftigen Preis etwas Gescheites zu Essen bekommt, findest Du einfach nirgendwo. Schon gar nicht für Familien.  Nur noble Hotels - und Frittenbuden. Dazwischen nichts - außer den Pubs und Bars natürlich. Aber dort sind Kinder abends unerwünscht. Alleine ist das ein bisschen anders; das "Barfood" im Pub ist meist ganz genießbar und auch einigermaßen preiswert. Aber diesmal bin ich halt nicht alleine.

Macht nichts. Eigentlich sind wir ja auch nicht auf der Suche nach dem ultimativen Komforthotel, sondern auf dem Weg in die Einsamkeit. Aber auch damit ist's zur Zeit (noch) nix. Loch Lomond liegt vielleicht 30 km hinter Glasgow. Zu vergleichen vielleicht mit den Baggerseen südlich von Frankfurt. 10 m rechts von mir verläuft die A 82, die von Glasgow aus in Richtung Norden führt. Entsprechend ist die Geräuschkulisse. Und  vor allem ist hier noch alles so richtig schön auf das schnelle Abzocken von Touristen eingestellt. Vielleicht wird's ja morgen wieder besser. Schließlich ist ja heut' Freitag, der 13te.

Als erstes Highlight können wir den heutigen kurzen Abstecher in den Lake District verbuchen. Leider sind die Seen selbst, die der Landschaft den Namen gaben, schon vom Tourismus verseucht. Aber dazwischen gibt's noch viel Natur. Vor allem die Pass-Straße zwischen Lake Windermore und Lake Ullswater (= Kirkstone Pass) wird mit unvergesslich in Erinnerung bleiben. Hinter dem "Ullswater" war's dann aber auch schon wieder vorbei. Die restliche Strecke hierher war nichts anderes als "Landgewinn", noch einmal "Kilometer-Schrubben". Vor allem die Fahrt durch Glasgow wurde noch mal zum Albtraum. Und die Strecke vorher, von Carlisle nach Glasgow, präsentierte sich fast ausschließlich als Baustelle: Die Landstraße wird gegenwärtig zu einem 6-spurigen Motorway "upgraded".


 

 

Samstag, 14.08.1993

18:00, km 125.353, Campingplatz, irgendwo auf Skye

Nach einer Tagesetappe in strömendem Regen lacht uns am Abend doch noch die Sonne. Wir beschließen, auch weiterhin zu Zelten und landen so auf diesem Campingplatz. Tagesrückblick:

Der Tag begann für uns ziemlich frustrierend. Die Nacht war kalt und regnerisch und unser kleines Zelt hielt wieder mal den Wassermassen nicht stand. Entsprechend unausgeschlafen krochen wir raus aus den nassen Schlafsäcken auf das ebenfalls nasse Gras. Nass war das Zelt auch noch, als wir es schließlich einpackten und losfuhren. Der Scheibenwischer, einmal eingeschaltet, blieb den ganzen Tag in Betrieb. Es war genau wie anno 1988: Gleiche Route, gleiches Wetter. Nur, damals mit dem Fahrrad war's natürlich noch ein wenig unangenehmer. Eben diese Route, meine 1988-er Fahrrad-Route, erreichten wir am frühen Morgen bei Crianlarich und folgten ihr bis kurz hinter Fort Williams.

Es war damals der landschaftlich schönste Teil meiner Tour und die Landschaft beeindruckte uns auch diesmal. Über  Tyndrum geht's quer durch die Highlands bis wir schließlich bei Ballachulish wieder auf "Null" (= Meereshöhe sind), auf dieser Strecke passieren wir Loch Tulla und Rannoch Moor. Zu den wenigen Städten, die wir passieren, zählen Bridge of Orchy und Glencoe. Auf einer Anhöhe über Loch Tulla stand diesmal sogar ein echter Highlander und dudelte auf seinem Sack:

Er stand genau an der Stelle, vor der man auf Achalladar Farm hinunter sehen kann, wo ich damals eine Nacht verbrachte. Die zahlreichen Bens, die wir passierten, hatten auch heute wieder ihr "Wattehäubchen" auf und erinnerten mich wie damals an qualmende Vulkane. 

 

Der Verkehr kam mir heute übrigens wesentlich stärker vor, als auf meiner Radtour. Einsam wurde es erst, als wir die A 82 bei Invergary verließen und auf der A 87 Richtung Skye weiterfuhren. Jetzt hörte aber auch schlagartig jede Zivilisation auf. Auf einem wunderschönen Platz oberhalb Loch Garry wollten wir gemütlich Mittag machen. Kaum hatten wir jedoch die Stühle aufgestellt, packten wir sie auch schon wieder ein. Die Kälte hätten wir vielleicht noch ertragen, aber den schon wieder einsetzenden Regen? - Nein Danke!

So aßen wir unser ersten Haggis (gekauft in Fort Williams) unzubereitet und kalt im Auto. Sieht etwas blaß und undefinierbar aus, das Zeug, ist aber essbar. Am Besten bekommt man es runter, wenn man sich einfach vorstellt, es eine etwas anders gewürzte Leberwurst. 


Auf den interessantesten Teil der Strecke gelangten wir schließlich durch einen dummen Zufall. Eigentlich wollten wir auf der üblichen Route über Kyle of Lochalsh zur Insel Skye. Schon weit vorher tauchte jedoch plötzlich ein Hinweisschild auf "Ferry to Sky". Na schön dachte ich, das Schild ist zwar etwas klein, aber eigentlich unmissverständlich. Ein weiterer Blick auf die Karte hätte mir gezeigt, dass es sich dabei um eine Alternativroute handelt. Aber wenn ich dass gewusst hätte, wäre vermutlich nie in meinem Leben diese Route gefahren. So gelangten wir auf einem abenteuerlichen Pfad (Straße kann man dazu eigentlich gar nicht sagen) zur kleinen Fähre Galltair - Kylerhea und auf diesem Weg zur Insel Skye.

 

Ebenso abenteuerlich ging's auf der Insel angekommen weiter, bis wir schließlich wieder eine "normale" Landstraße, die A 850, erreichten. Ich kann eigentlich nur jedem Skye-Besucher - sofern er  ein wenig Zeit mitgebracht hat - empfehlen, diese Alternativroute mal auszuprobieren. Hier bekommst Du ein Gefühl dafür, wie ein Schottland-Besuch vielleicht vor einiger Zeit mal ausgesehen haben mag. Auf einer einsamen, einspurigen Straße, die mitten in die Landschaft reingeklatscht ist, keinen Buckel und kein Loch auslassend fährst Du durch eine trostlose Gegend in der Du schließlich froh bist, wenn Dir wieder mal ein Mensch begegnet.

Jetzt sind wir also auf der Insel Skye! - Haben auch prompt einen Campingplatz gefunden. Ganz ohne Anmeldung, Rezeption oder irgendwas in der Art!? Wo wir genau sind, wissen wir noch nicht. Wohl irgendwo auf dem Weg nach Portree, vermuten wir. Hier auf der Insel wollen wir auch bleiben. Zumindest für heut und morgen, bevor uns dann der Weg noch einmal zurück in die Highlands führen wird.


 

 

 

Sonntag, 15.08.1993

08:15, Campingplatz, irgendwo auf Skye

Regen, Sturm und Kälte haben wir erfolgreich getrotzt. Jetzt ist eine andere Plage, die uns die Flucht treibt. Eine Plage, die ich in dieser Form bisher noch nicht kannte:: Millionen winzig kleiner Fliegen schwirren unablässig um uns herum...

Schon gestern Abend ging es los: Wir mussten im Auto sitzen und danach unmittelbar ins Zelt flüchten. Ironie des Schicksals: Vom Wetter her gesehen war es der erste wirklich schöne Sommerabend. Aber es war uns trotzdem nicht vergönnt, gemütlich vor dem Zelt zu sitzen. Um diese Erfahrung reicher, werden wir Skye vermutlich bereits heute wieder verlassen. Trotz herrlichster Landschaft (man braucht nur die Bilder anzusehen) möchte ich das kein zweites mal mitmachen. Michi natürlich auch nicht.

08:15, Campingplatz, Inverinate / Loch Duich

Nachdem wir erst mal erfolgreich der Fliegenplage entronnen waren, stieg die Stimmung langsam wieder an. Ohne zu Frühstücken, ohne zu Duschen schmissen wir Zelt, Luftmatratzen und das gesamte Zubehör in's Auto und machten uns aus dem Staub. Michi sah schrecklich zerstochen aus, als hätte er Windpocken. Und ich hatte das Gefühl, ich hätte Flöhe oder Läuse - oder beides gleichzeitig. Überall am Körper, wo die Haut nicht absolut hermetisch abgeriegelt war, juckte es. Die Biester hatten mittlerweile sogar den Weg ins Auto gefunden und wir schleppten einige davon noch stundenlang mit und gewährten den Plagegeistern auf diese Weise noch einen kostenlosen Sightseeing-Trip rund um Skye.

Das ausgefallene Frühstück holen wir auf einem Parkplatz nördlich von Uig nach. Von hier aus haben wir einen herrlichen Blick auf die Bucht, die den Namen des kleinen Städtchens trägt, das wir gerade passiert haben: und von dem aus die Fähren über den "Little Minch" die Hebriden Inseln Uist und Lewis ansteuern. Wir sehen, wie sie die Bucht verlassen und ins offene Meer hinauslaufen.

Das Wetter meint es ausnahmsweise einmal gut mit uns, die Mücken sind verschwunden und gestärkt durch das Frühstück setzen wir unsere Rundfahrt wie geplant fort.

Wir fahren zunächst den nordöstliche Bogen der Insel Skye ab. Die Landschaft gehört den Schafen, die hier  - wie überall in Schottland - Narrenfreiheit genießen und bevorzugt unmittelbar an der Straße ihr Gras fressen. Die Landstraße verläuft hier übrigens wieder als "Single-Track-Road", d.h. einspurig mit gelegentlichen Ausweichbuchten. Neben den erwähnten Schafen finden wir gelegentlich einige schottischen Hochlandrinder; wir halten an und schießen ein paar Fotos.

Wieder in Portree angekommen, nehmen wir uns den westlichen Zipfel der Insel vor. Ein weiteres High-Light unseres Trips sollte dann eigentlich das Schloss der Mc. Leods, genannt Dunvegan Castle, werden. Hiervon waren wir jedoch etwas enttäuscht. Kaum etwas daran ist wirklich mittelalterlich, vieles dagegen im Laufe der Zeit wenig geschmackvoll umgebaut und dann ganz einfach wieder vergammelt. Noch weniger begeistert waren wir von dem Essen im Lokal vor dem Schloss - allerdings hatten wir auch nichts anderes erwartet. Etwas 10,00 Pfund legten wir hin für zwei belegte Semmeln, genannt "Filled Rolls" mit je einer Cola und einer Limo. Touristenabfertigung eben. Aber man kann sich ja auch nicht immer aussuchen, wo man gerade Hunger bekommt....

Übrigens: Entgegen anderslautender Hinweise in meinem Reiseführer hatten sowohl die Tankstellen, als auch das Schloss Dunvegan heute  - also an einem Sonntag (!) - geöffnet. Das geflügelte Wort "Dead as Skye on a Sunday" beginnt sich zu relativieren. Aber die Frömmigkeit scheint doch noch ihren Stellenwert zu besitzen: Das Outfit der meisten Leute, die uns auf der Straße begegneten, ließen eher auf einen Kirchgang schließen, denn auf einen Musums- oder Tankstellenbesuch. Apropos Outfit: Die Männer tragen auch hier auf Skye gewöhnlich keine Röcke und die Ladies erinnern mit ihren farbigen Tellerhüten eher an "Good old England", denn an Schottland.

Die Rückreise zum Festland verlief unspektakulär. Die reguläre Fähre kostete das gleiche, wie die auf der "kleinen Schwester" auf der Hinreise, nämlich 5,00 Pfund. Die Campingplätze sind jetzt allerdings wieder teurer. Ich empfinde es schon als eine kleine Unverschämtheit, dass wir seit dem ersten Tag an für unser 2-Mann-Mini-Zelt in der Regel das gleiche berappen müssen, wie ganze Familien, die sich für einen zwei Wochen Urlaub einnisten und dafür den 5-fachen Platz brauchen.


Eilean Donan Castle

Von Mückenstichen geplagt wurden wir wieder in die Berge vertrieben. Zeit für ein paar Schnappschüsse von Schottlands wohl bekanntestem Fotomotiv blieb dennoch.


Montag, 16.08.1993

09:13, Campingplatz , Inverinate / Loch Duich

Letzter Aufbruch Richtung Norden. Frühstück in der Sonne - OHNE MÜCKEN !!!

Ersts heutiges Etappenziel: Ullapool.

16:40, km 125.902, Durness

Haben mit dem kleinen Ort Durness (östlich von Cape Wrath) den nördlichen und damit Wendepunkt unserer Reise erreicht. Stehen mit dem Suzuki auf dem Campingplatz und schauen runter auf's Meer. Keine Fliegen weit und breit. Dafür prasselt der Regen auf's Autodach. Man kann ja schließlich nicht alles haben. Hier der Fahrverlauf - einer der bisher landschaftlich schönsten Etappen der ganzen Tour. Seit heut' früh durchfahren wir gewissermaßen einen einzigen Naturpark Wir haben das Gefühl, hinter jedem Hügel wird's noch schöner, noch einsamer. 

Wir starten am Campingplatz bei Inverinate am Loch Duich, befahren die A87, kommen noch einmal an Eilean Donan Castle vorbei. Letzteres liegt bei Dornie malerisch im Fjord, praktisch an der Pforte des Loch Duich. 

Bei Auchtertyre biegen wir auf die A 890 ab, passieren Stromeferry und durchfahren den Glen Carron nach Achnasheen. Dort gabelt sich die Straße. Wir fahren zunächst ein wenig ostwärts Richtung Inverness auf der A832 weiter, um dann am Blackwater bei Garve wieder in Richtung Norden abzubiegen. Wir befahren jetzt die A835 - das alles bei strahlendem Sonnenschein! Fast punkt 12:00 erreichen wir Ullapool, dem ersten richtigen Städtchen seit Fort Williams Hier gibt es auch einen Supermarkt! - Wir füllen unseren Proviant auf und machen uns gleich wieder auf den Weg.

Auf der kleinen A835 geht's über Elphin (sehr schön!) nach Ledmore. Von dort links ab auf die A837 nach Inchnadamph. Auch hier gibt's eine Ruine im Loch zu sehen. Ein späterer Blick auf die Karte sagt mir, dass das wohl Ardvreck Castle im Loch Assynt gewesen sein muss. Leider ist auch diesmal wieder das Gesamt-Programm des Urlaubs viel zu groß, um überall anhalten und verweilen zu können - lohnenswert wäre es allemal.

Weiter nördlich wird die Strecke dann weitgehend wieder einspurig mit Ausweichbuchten. Irgendwo in der Wildnis machen wir Mittag, Wieder einmal gibt's Chilli Con Carne aus der Dose. Diesmal werden wir weder von Mücken, noch von Regen oder Wind gestört. Nein, manchmal hatten wir auch wirklich Glück.

Auf der A894 gelangen wir über Kylestrome, Scaurie nach Laxford Bridge und dann über die  A 838 nach Durness, unserem heutigen Tagesziel. Die letzten Kilometer fuhren wir durch ein Tal, dass aussah, als wäre die letzte Eiszeit gerade erst zu Ende gegangen. Alles wunderschön - und jetzt sitzen wir hier IM REGEN!


Dienstag, 17.08.1993

09:15, Campingplatz  Durness, Aufbruch

Während bisher die Fahrtrichtung stets Nordwest war und wir stets dem Hinweisschild "The North" folgen konnten, heißt es jetzt: Umkehren! Hauptrichtung ist zukünftig Südost. Anvisiertes Tagesziel: Inverness.

Gestern Abend nutzten wir die Pause zwischen zwei Regenschauern , um ein wenig die nähere Umgebung vom Campingplatz zu erkunden. Zu Fuß wagten wir uns bis zur Smoo-Cave vor, immer mit einem Blick zum Himmel, ob nicht wieder ein neues Unwetter droht. Leider konnten wir nicht unmittelbar an der Küste entlang gehen, denn das schönste Land,  der schönste Ausblick gehört den Schafen. Wir müssen auf der Straße bleiben.

Wir gestatten uns, das Abendessen in dem kleinen Restaurant einzunehmen, das sich auf dem Campingplatz befindet. Ich erinnere mich noch an einen Haddock und ein Turkey-Steak für Michi. Den Rest des kalten - zum Glück aber trockenen - Abends verbringen wir dann vor dem Zelt. Offenbar ist es den Mücken zu kalt Ich persönlich ziehe die Kälte den Mücken vor. Endlich kann ich mal ein wenig im Schein der Gaslampe schmökern und meine Pfeife rauchen.

Nachts fing dann allerdings der Regen wieder an und er blieb uns auch noch während des Frühstücks erhalten. Egal, alles Geschichte. Jetzt geht's weiter, zunächst mal an der Küste entlang in östliche Richtung.

11:10, km 125.973

Kurzer Zwischenstopp wegen Straßenbauarbeiten kurz hinter Borgie. Haben soeben die erste Abzweigung nach Helmsdale  passiert. Wollen noch bis Strathy Point an der Küste bleiben und dann nach Süden abbiegen. Apropos Küste: Die Straße führt leider nicht direkt an der Küste entlang, sondern folgt der Küstenlinie im Hinterland. Trotzdem: Wir wollen noch ein wenig im einsamen Norden verweilen, wenn auch die Strecke auf der Karte jetzt nicht mehr als ausgesprochen reizvoll gekennzeichnet ist - was leider auch stimmt.

Für historisch Interessierte: Auf der Strecke von Durness hierher, die uns rund um Loch Eriboll  sowie über das Kyle of Tongue führte, haben wir  zahlreiche Ruinen gesehen, die wohl noch aus der Zeit der Highland-Clearances stammen, als die Engländer die Schotten aus ihren angestammten Landsitzen vertrieben. Nach moderner Landflucht sieht das nicht aus, dafür ist alles schon zu alt. Deutlich zu erkennen sind auch noch die einstmals bewirtschafteten Landstücke zwischen den Gebäuderesten, und zwar an den markanten Steinmauern. Bestimmt waren Generationen damit beschäftigt, den Boden zu kultivieren und vor der Erosion durch Wind und Regen durch eben diese Steinwälle zu schützen. Bis die Menschen vertrieben wurden und die Schafe kamen. Ich bin kein Historiker und vermag das nicht sicher zu beurteilen. Ich teile nur mit, was ich glaube, gesehen zu haben.

Die so ursprünglich erscheinende karge Landschaft, die wir heute sehen, ist im Grunde genommen künstlich geschaffen - ähnlich der Lüneburger Heide. Sind die Wälder erst einmal abgeholzt, sorgen die Schafe für den Rest. Ich frage mich bloß, was die Engländer mit all diesen Viechern bloß anstellen!? Jedenfalls habe ich bisher noch auf keiner Speisekarte ein Lammkotelette gefunden. Und Schafskäse scheint es hier auch keinen zu geben. Sind die Schafe etwa die heiligen Kühe der Engländer und Schotten? - Kann aber nicht sein, denn die Innereien werden ja schließlich zu Haggies verarbeitet. Doch was geschieht mit dem weitaus besseren Rest? Und was mit der Wolle? So viele Lambswool-Pullover werden doch auf der ganzen Welt nicht benötigt, wie hier ständig nachwachsen, oder? Irgendwann werde ich das mal alles klären. Zur Zeit bleiben mir nur die Fragen.

12:50, km 125.997

Kommen zurück von einem kurzen Abstecher zum Lighthouse auf/bei Strathy Point. Kein touristisches Highlight, kein "Muss", wenn man von den imposanten Klippen und den gewaltigen Höhlen darin einmal absieht (ähnliches haben wir vor Jahren in Cornwall gesehen). Aber Strathy Point ist für unsere Tour doch von Bedeutung, da es einen weiteren Wendepunkt unserer Reise markiert: Von nun an geht's Richtung Süden. 

14:45, km 126.079

Haben bei Hemsdale die Zivilisation wieder erreicht, nachdem wir seit Strathy Point nur einsames Hochmoor-Land durchquerten (keinesfalls so reizvoll wie die Hinfahrt durch die Bergwelt im Nordwesten). Single-Line-Traffic die ganze Zeit über und keine Tankstelle! Was man zahlreich antrifft in dieser Gegend sind Angler - und leider auch wieder Fliegen. Letztere haben uns ein weiteres Mal die Mittagspause vermasselt und wir mussten uns buchstäblich in's Auto verkriechen. Ich frage mich, wie das die Leute hier aushalten.

km 126.225, Spindrift Camp-Park

Sind auf der Suche nach einem Campingplatz bis nach Nairn geraten, wo wir eigentlich überhaupt nicht hin wollten. Jetzt ist erst mal Feierabend. Die Strecke von Helmsdale hierher fällt wieder unter die Rubrik "Überbrückung von Entfernungen". Die Städte wurden langsam wieder größer und der Verkehr dichter. Fast die ganze Küste entlang hatten wir den gleichen grünen LKW vor uns. Er hatte Schafe geladen (was sonst?). Kaum hatten wir ihn überholt, hatten wir den nächsten vor uns. Das Überholen ist mit einem linksgesteuerten Fahrzeug auf englischen Straßen jedes mal ein Abenteuer. Am Besten, man hat einen Beifahrer mit Augenmaß, der einem sagt, wann es geht und wann nicht. Bis man als Fahrer selbst freie Sicht hat, kann es schon zu spät sein.

Die Strecke: Helmsdale - A9 - Brora - vorbei an Dunrobin Castle bei Golspie (leider wieder mal keine Zeit zum Anhalten) - dann rund um den Dornoch Firth und über den Cromarty Firth, immer auf der A9 entlang. Über Black Isle erreichten wir schließlich unser anvisiertes Tagesziel Inverness. Wer Schottland liebt, wie wir es in den vergangenen Tagen erlebt hatten, der sollte im Westen bleiben. Im Grunde genommen haben wir uns mit der Route über Strathy Point schon zu weit nach Osten vorgearbeitet. Den wesentlich interessanteren Teil Schottlands hätten wir vermutlich zu sehen bekommen, wenn wir schon bei Tongue auf der A 836 nach Süden abgebogen wären. Die Berge sind östlich der A 836 - die den Norden Schottlands praktisch in zwei Hälften trennt - eigentlich keine Berge mehr, sondern nur noch Hügel, die gen Osten, zur Nordsee hin, immer mehr abflachen. Statt reiner Schafhaltung trifft  man hier im östlichen Teil Nordschottlands wieder Ackerbau und Viehzucht an - und natürlich auch Industrie. Stellenweise kann man sehen, wie und woher Schottland - neben dem Touristenstrom - heute seinen Reichtum bezieht: Einige Ölbohrtürme stehen auf Sichtweite in unmittelbarer Küstennähe. Wie gesagt, für die Schotten selbst mag das alles eine Bereicherung sein, als Tourist ziehe ich den Westen vor.

"Eigentlich" wollten wir in Inverness bleiben, aber auf der Suche nach einem Campingplatz bin ich dann doch etwas nach Osten "abgedriftet". An der Küste entlang, vorbei an Schloss Stuart (wieder keine Zeit) und an dem Städtchen Ardersier  fanden wir uns schließlich hier Nairn wieder, wo wir eine prima Campingplatz fanden (Tagespreis: 5,50 Pfund).

Unser Abendprogramm gestaltete sich wie folgt: Auf dem Weg hatten wir ein Hinweisschild "Culloden Battlefield" gesehen Bis dorthin fuhren wir noch einmal zurück und schauten uns die Stelle an, an der die Schotten  einst von den Engländern eins auf die Nase bekamen. Das für solche historischen Stätten obligatorische Tourist-Center hatte leider schon geschlossen und so mussten wir dann halt beim Abschreiten des Schlachtfeldes unsere Fantasie walten lassen. Dort ist akribisch festgehalten, an welcher Stelle welcher Clan-Chef für die Freiheit Schottlands sein Leben aushauchte. Spaß beiseite, eigentlich eine wirklich ernste Sache. Die Schotten haben das bis heute weder vergessen noch  verziehen und so ganz unverständlich ist mir das nicht.

Da Inverness selbst jetzt auch nicht mehr weit war, legten wir auch diese Strecke noch zurück und begaben uns in eines der modernen "Schlösser" des Mc.Donald Clans, wo wir ein original schottisches Frikadellenbrötchen, weltweit bekannt unter dem Pseudonym "Hamburger", zu uns nahmen. Leider ist Michi noch ein bißchen zu jung, um mit ihm abends durch die Pubs zu streifen. Besonders interessant erschien mir das "Little John's"  (ziemlich verrückt, mit Jazz und so...). Aber man kann ja schließlich nicht alles haben.

Im Dunkeln ging's dann wieder zurück zum Campingplatz. Leider waren das noch mal fast 40 km. Die hätte ich mir gerne erspart, denn das Fahren im Dunkeln ist nervenkitzelnd. Man ist sich nie ganz sicher, auf welcher Seite die Autos einem entgegenkommen. Außerdem blendet das asymmetrisch eingestellte Scheinwerferlicht des eigenen Autos jetzt den Gegenverkehr - und der bedankt sich dann freundlich mit der Lichthupe.


Mittwoch, 18.08.1993

09:30 , Campingplatz  Nairn, Aufbruch zum Sightseeing Trip Inverness / Loch Ness

Nachdem es in dieser Nacht ausnahmsweise einmal nicht regnete, wurden wir beim Frühstück durch plötzlich einsetzenden Nieselregen wieder mal in's Auto vertrieben (wo ich jetzt sitze und schreibe). Wir werden trotzdem das Zelt stehen lassen, einen Tag nachbuchen und heute unseren "Sightseeing-Tag" einlegen. 

10:10, km 126.338, Castle Stuart

Kassensturz vor dem Schloss - bei mittlerweile wieder strömenden Regen. Hier die Fakts: Unser Zelt steht verlassen bei Nairn, in der Urlaubskasse haben wir schlappe 125,00 Pfund - und es regnet. Ein ziemlich schwaches Ergebnis. Eigentlich (schon wieder "eigentlich"!) wollte ich mit den zu Hause eingetauschten 370,00 Pfund (= 1.000,00 DM) hier in Schottland auskommen. Dummerweise ist jedoch alles teurer, als geplant. Das fängt schon an mit den Campingplätzen (wobei das natürlich nicht ausschlaggebend sein kann). Wahrscheinlich gibt man im Urlaub immer mehr Geld aus, als vorher geplant....

17:30, km 126.444, Spindrift Camping Park, Nairn

Castle Stuart war eine gute Idee. Es wurde vor der Besichtigung ausdrücklich darauf hingewiesen, dass dies kein Museum ist, sonder ein Wohnhaus, das auf den Ruinen der mittelalterlichen Stuart-Burg errichtet wurde. Die Burg selbst war fast 300 Jahre dem Verfall preisgegeben. Schließlich wurde es von einem Stuart-Nachfolger, der nach Kanada ausgewandert war, aus seinem Dornroschenschlaf erweckt und sowohl liebe- als auch geschmackvoll restauriert. Während der Besichtigung hörte glücklicherweise der Regen wieder auf und wir konnten anschließend trockenen Fußes einen Bummel durch Inverness machen. Es ist seit ich letztes mal hier war noch einmal gewachsen, hat aber trotzdem nichts von seinem Reiz verloren. Es ist die quirlige Metropole der Highlands schlechthin. Locker, lässig, etwas vergammelt, voller verrückter Typen. Wir haben als Bar-Lunch in einem Pub Fisch & Chips gegessen und dafür zusammen - einschließlich Getränke - ganze 7,00 Pfund bezahlt. Da kann man  doch nicht meckern!? - Zumal wir anschließend beide rappeldicke satt waren.

Nach Inverness haben wir uns den Touristen-Rummel um Loch Ness zugemutet. Mit dem Auto war's noch um einiges Schlimmer, als ich es von der Fahrrad-Tour her in Erinnerung hatte. Bei  Urquhart Castle war kein Parkplatz zu bekommen und wir mussten wieder nach Drumnadrochit zurückkehren. Hier schauten wir uns die "Original Loch Ness Monster Exhibition" an. Das ist die Konkurrenz vom "Loch Ness Visitor Center"  (wo ich letztes mal war). Verzichtbar ist eigentlich beides und das Eintrittsgeld nicht unbedingt familienfreundlich  (zusammen - Vater und Sohn - haben wir 6,50 Pfund hingelegt). Von einem Monster haben wir natürlich nichts gesehen - sofern man von dem "Moloch Tourismus" einmal absieht. Aber den es hier tagtäglich kostenlos zu besichtigen.

Abendprogramm: Stadtbummel durch Nairn. Nicht zu vergleichen mit Inverness. Viel ruhiger, viel kleiner. Schöner Strand, kleiner Hafen. Wetter gut. Anruf zu Hause, netter Plausch mit englisch-deutschem Ehepaar. Jede Menge Whisky gibt's in den Geschäften - aber leider zu teuer (ca. 20.00 Pfund die Literflaschen "normaler" Blends). Sorry, kann ich mir nicht mehr leisten. Muss mit meinem Rest-Whisky am Zelt vorlieb nehmen. 


Donnerstag, 19.08.1993

09:30 , Campingplatz  Nairn, Aufbruch 

Aufbruch zum letzten Abstecher in die Highlands. Tagesziel: Edinburgh. Geplante Route: A939 - Littlemill - Ferness - Aitnoch - Dava - Cottartown - Grantown - Bridge of Brown - Tomintoul - Cock Bridge - Colnabaichin -Ri.  Ballater  - A 93 - Balmoral - Braemar - Devil's Elbow - Glen Shee bis Bridge of Cally - Rattray - Blairgowre - Perth - M90 - Dunfermline - Edinburgh; dann an der Küste lang Richtung Aberlady/North Berwick und den ersten Campingplatz ansteuern.

13:05, km 126.553

Soeben Mittagspause beendet. Es gab Spagetti. Wir befinden uns an einem kleinen Bach vor einer alten Brücke in den Grampian Mountains, irgendwo zwischen Cock Bridge und Bridge of Gairn  an der A939. Das Wetter hat uns ausnahmsweise beim Mittagessen einmal nicht im Stich gelassen. Vor wenigen Minuten noch haben wir eines der nicht allzu zahlreichen britischen, Entschuldigung, schottischen Ski-Gebiete durchfahren. Die Berge hier sind so um die  700 - 800 m hoch, entsprechen demnach an absoluter Höhe unserem Heimatgebirge, dem Taunus. Viel Heidelandschaft haben wir zu sehen bekommen, alles ist jetzt wunderbar violett. In Bridge of Brown haben wir die ersten Souvenirs eingekauft: 5 gerahmte Bilder (natürlich keine Originale, sondern Drucke) für zusammen 50,00 Pfund.

 

17:10, km 126.738. Campingplatz Edinburgh

Haben die Highlands jetzt endgültig hinter uns gelassen und sind von ca. 1/4 Stunde hier auf dem Campingplatz (direkt im Stadtgebiet von Edinburgh gelegen) eingetroffen. Haben für zwei Nächte gebucht und bezahlt. Die Fahrt verlief exakt wie geplant. Am Schloss von Balmoral legten wir einen kleinen Zwischenstopp ein, wurden allerdings enttäuscht: Keine Queen, kein Prinz in Sicht, ja nicht einmal das Schloss selbst war zu sehen. Was wir dagegen zu sehen bekamen, war der übliche Souvenir-Kitsch und zahlreiche andere, ebenso enttäuschte Touristen, vor allem aber Toruistinnen!

17:50, Campingplatz Edinburgh

Komme gerade vom Duschen zurück. Mein Gott, so was hab' ich noch nicht erlebt. Die Sanitären Einrichtungen/Anlagen sind einfach unbeschreiblich. Der ganze Sanitärblock gleicht (Entschuldigung, mir fällt nichts Passenderes ein) der Gaskammer in einem KZ. Der Platz an sich dagegen ist ganz o.k., er besticht vor allem durch seine zentrale Lage! - Wir können endlich einmal das Auto stehen lassen und uns zu Fuß in's Abenteuer stürzen.

23:30, Campingplatz Edinburgh

Rückblende Abendprogramm: Nach dem Zeltaufbau beschließen wir, zu Fuß in die City zu gehen. Die Entfernung an sich war zwar ganz ordentlich - wäre nicht das Problem gewesen, wenn wir uns nicht zu allem Überfluss auch noch verlaufen hätten. Die Karte von Edinburgh hatte ich im Rucksack - hätte ich sie doch bloß auch benutzt. So schaffen wir es gerade noch, bis zum Burgberg vorzudringen um dann wieder umzukehren. Gegen 23:00 Uhr erreichen wir müde unseren Campingplatz.

Um die Burg herum ist wegen des "Military Tattoo's" alles hoffnungslos verstopft. Meinen geliebten "Chinesen" in der Royal Mail, den wir zum Abendessen ansteuerten, gibt es überhaupt nicht mehr und so geraten wir wieder einmal in einen Hamburger-Schuppen. Vorher besorgte ich für den morgigen Tag noch zwei Karten für das "Tattoo". Die guten Karten sind zwar schon weg, aber ganz verzichten will ich auch nicht, da wir nun schon mal hier sind und ich es Michael versprochen hatte. Zum Trost spielt jetzt hier in Edinburgh wenigstens das Wetter wieder mit - und Fliegen gibt es auch nicht.


Freitag, 20.08.1993

Edinburgh

Den heutigen Tag verbringen wir in Edinburgh. Im Gegensatz zu gestern benutzen wir jetzt allerdings wieder das Auto. Das ist zwar bequemer, aber wir müssen auch wieder ganz ordentlich Parkgebühren berappen. Überhaupt ist das Geld jetzt auf einmal alle! - Ich muss weitere 100,00 Pfund per Euroscheck "einkaufen". Damit werden erst mal Souvenirs besorgt. Mutti bekommt eine Wolldecke mit Schottenmuster. Anschließend gehen wir (wieder mal) einen Hamburger essen. Am Nachmittag schauen wir uns das "Castle" mit all seinen Museen an. Dann Kaffeepause (wieder Geld!). Abendessen gibt's dann beim Chinesen "Yang Tse" in der Lothian Road (und schon wieder Geld!). Die Karten für das Tattoo hatte ich ja gestern schon bezahlt, das belastet das Budget heute also nicht mehr. Egal, ich will nicht meckern, alles in allem hat es sich ja gelohnt. Die ganzen Eindrücke möchte ich nicht missen. Beim Tattoo wurde wieder einiges geboten an Kostümen, Feuerzauber, Dudelsäcken und Schottenröcken. Kalt war's auch mal wieder - aber zum Glück kein Regen (und keine Fliegen).

Zum Aufwärmen ging's danach - wie anno 1988 - in's "Engin Edard", dem Pub in der Royal Mile. Zum Glück gibt's den immer noch. In dieser schnelllebigen Zeit ist es offenbar gar nicht mehr so einfach, Erinnerungen aufzufrischen. Alles wird permanent umgekrempelt und will dann gar nicht mehr zu eben diesen Erinnerungen passen. Wie es sich für ein ordentliches Pub gehört, wird Live-Musik geboten. Ein Ire (was sonst) gibt mit seiner Gitarre Folk-Songs zum Besten. Super. Nur leider ist auch hier das Publikum nicht mehr das Alte. Alle stehen nur dumm zum Saufen in der Gegend herum. Stimmung = Null. Der Musiker muss sich vorkommen, wie eine antiquierte zweibeinige Musikbox. Vielleicht empfinde ich das auch nur so, weil ich mit meinen lächerlichen zwei Specials noch nicht den erforderlichen Pegel erreicht habe. Michi musse natürlich noch mit Cola vorlieb nehmen. Egal, schön war's trotzdem.


Samstag, 21.08.1993

09:10 Campingplatz Edinburgh, Aufbruch

Aufbruch wohin? - Richtung Heimat! Einen konkreten Plan gibt es nicht mehr, auch kein Tagesziel. Vielleicht Whitby, vielleicht auch weiter. Als letztes wirkliche Ziel bleibt jetzt nur noch die Fähre in Hull.

12:30, km 126.897, Bamburgh Castle

Zwischenstop Bamburgh Castle, Northumberland. Wir schauen uns das mächtige Gemäuer von innen an. Das meiste, was wir zu sehen bekommen, ist allerdings nicht mittelalterlich sondern einige (... hundert ?) Jahre später entstanden. Ausnahme: Die mittelalterlichen Rüstungen und Waffen. Der ebenfalls zu besichtigende "Dungeon" ist die typisch britische "Chamber of Horrors", ausgerichtet auf den - gewünschten und erwarteten - Gruseleffekt für die Touristen. Alles dick aufgetragen, natürlich auch das obligatorische Blut...

Ein paar hundert Meter weiter halten wir noch einmal am Strand an und machen Mittag. Haben immer noch Proviant von daheim dabei, der endlich weg muss. Heute muss der Presskopf aus der Dose dran glauben.

Abgesehen von dem Abstecher hierher (= an die Küste nach Bamburgh) sind wir heute auf der A1 geblieben. Ein weiteres mal war also nicht "Sightseeing" angesagt, sondern - wie am Anfang  der Tour - "Raumgewinn". So wird es jetzt auch weiter gehen. Unser Tagesziel heißt jetzt: Auf Whitby zuhalten und dort einen Campingplatz suchen. Dazu haben wir folgende Route ausgesucht: Zunächst zurück zur A1, vorbei an Alnwick und Morpeth und rein nach Newcastle; dort Wechsel auf die A19 Richtung Sunderland, Middlesbrough. Dann weiter auf der A 171 nach Whitby.

18:40, km 127.144, York House Caravan Park, High Hawsker/Whitby

Nach langer (!) Suche haben wir endlich einen Campingplatz gefunden, auf dem noch Platz für unser kleines Zeltchen war. Es war mindestens der fünfte Anlauf. Erinnerungen an 1988 werden wach. Auch damals, auf der Radtour, war Whitby total überlaufen und ich musste lange, lange suchen, bis ich endlich eine Unterkunft hatte. Mit dem Fahrrad war das allerdings noch ein wenig unbequemer, als heute mit dem Auto. Was heute die Sache noch zusätzlich erschwert: In Whitby hat die "Folk-Woche" begonnen. Was immer das auch sein mag - ich hab' davon nichts gewusst. Wird wohl was mit Musik zu tun haben, kann also noch mal ein interessanter Abend werden.

Aber, egal, wie schön's auch sein oder noch werden mag: Danach ist Schluss, dann machen wir uns so schnell wie möglich auf den Heimweg. Mein Kopf ist voll. Noch mehr Eindrücke kann ich nicht mehr verarbeiten. Das hab' ich heute bei unserem Abstecher nach Bambergh schon gemerkt. Noch mehr alte Steine, Waffen, Geschichten - und alles vermischt sich im Kopf zu einem undifferenzierten Einheitsbrei. Ja, wir waren in Schottland, ja es war schön. Das bleibt dann noch übrig. Man muss immer den richtigen Zeitpunkt finden, aufzuhören. Wie der Maler, wenn er den Pinsel aus der Hand legt sobald er das Gefühl hat, mit jedem weiteren Pinselstrich würde das Bild nicht mehr besser, sondern schlechter.. Und dieser Zeitpunkt ist jetzt erreicht.

Übrigens: Der heutige Campingplatz - für den wir 6,00 Pfund berappen, hebt sich erstaunlich gut von dem gestrigen ab, was die Sauberkeit und die sanitären Anlagen betrifft. Und dort (in Edinburgh) haben wir schließlich auch nicht viel weniger, nämlich 5,50 Pfund für eine Nacht hingelegt.

Nach dem Abendessen (Chilli con Carne :-)) fahren wir noch einmal die ca. 4 Meilen nach Whitby zurück. Leider ist die Sonne schon untergegangen. Trotzdem ist der Blick oben von der Ruine der alten Abtei über die Stadt hinaus auf's Meer immer noch beeindruckend. Es ist einer jener Plätze, an den man immer wieder zurückkehren kann. Genau wie Whitby selbst mit seinem Hafen, seinen alten engen Gassen und seinen zahlreichen Pubs. 

In den Straßen ist es jetzt nicht mehr ganz so voll wie am Nachmittag, als wir hier ankamen und einen Campingplatz suchten. Für die Pubs gilt das nicht. Obwohl reich an der Zahl, sind sie fast alle überfüllt. Vor allem natürlich die, in denen sich die Musiker festgesetzt haben. Also, jetzt wissen wir auch, dass das "Folk" sich tatsächlich auf die Musik bezieht. Auch wir machen eine Runde durch Whitby's Pubs, kämpfen uns aber nur in einem tatsächlich bis zum Tresen vor. Dann bahnen wir uns mit den Gläsern in der Hand wieder einen Weg nach draußen,  ins Freie. Für Leute mit Platzangst ist das hier nix.

Die Musik selbst begeistert uns nicht so sehr. Der Begriff  "Folk" ist etwas verwirrend. Es wird nicht das gespielt, was bei uns so landläufig als "Folk" bekannt ist. Es wird gefiedelt, getrommelt und auf der Gitarre herum geschrammt. Und für die nicht-sachkundigen Ohren hört es sich an, als würde ständig die gleiche Weise gespielt.


Sonntag, 22.08.1993

08:45, km 127.157, York House Caravan Park, High Hawsker/Whitby

Haben soeben im Regen das Zelt abgebaut, wollen jetzt vor dem Aufbruch noch frühstücken. Es regnet zwar momentan gerade mal nicht, ist aber wieder saukalt. Haben jetzt wirklich nur noch ein Ziel: Die Fähre! Wenn kein Wasser zwischen hier und Oberstedten läge, dann würde ich jetzt direkt die "Endstation" ansteuern.

09:10, Aufbruch

Wir sind soeben noch einmal ordentlich gewaschen worden. Der Zeltplatz ist jetzt nur noch ein einziger Knatsch. Das macht uns den Abschied leichter.

11:10, km 127.269, Port of Hull

Haben soeben bei North Sea Ferries auf heute Abend umgebucht. War - entgegen meiner Befürchtungen - kein Problem. Wir sollen um 15:00 Uhr wiederkommen zum Einchecken.

14:30, Port of Hull

Stehen in der Warteschlange vor der "Norsea", nachdem wir vorher in Hull noch unseren Hunger gestillt hatten. Das hätten wir besser bleiben lassen. Das englische Essen ist nicht besser geworden. Es wird mir immer ein Rätsel bleiben, wie man es schaffen kann, braun und knusprig aussehende "Chips" mit einem so absolut schlabberigen, schwammigen Innenleben hinzubekommen. 


In der Warteschlange bleibt Zeit, die letzte Etappe der Heimreise zu planen: Rotterdam - A 16 - Dordrecht - Richtung Breda; auf der Höhe von Breda Wechsel auf die A 58 Tilburg - Eindhoven; hinter Eindhoven Wechsel auf die A 67 Richtung Duisburg; bei Venlo wieder über die Grenze zurück nach Deutschland.

Montag, 23.08.1993

km 127.287

Haben gerade gefrühstückt. Zum ersten und einzigen mal auf dieser Reise "britisch". Unsere Fähre legt soeben im Europoort von Rotterdam an. Wir hatten eine ruhige Überfahrt mit musikalischer Unterhaltung in der Europa Lounch. Die Kabine glich wieder - wie gewohnt - einem Kaninchenstall. Aber das kennen wir ja bereits ...

14:30 km 127.829

Ankunft zu Hause - Fahrtende.


Fotograph, Autor & und Bearbeitung für's Internet:: Ferdi Ernst