Johann Georg Ernst  II (1835 - 1903)

Johann Georg Ernst wurde am 23. Sep.1835 als 7. Kind des Kirdorfer Bürgers gleichen Namens und dessen Ehefrau Katharina geb. Wehrheim geboren - die totgeborene Tochter wurde bei folgendem Eintrag ins Kirchenbuch nicht mitgezählt:

Ernst - Den 23. September 1835 wurde dem hiesigen Einwohner Georg Ernst von seiner Ehefrau Katharina geb. Wehrheim das sechste Kind, der zweite Sohn geboren und den vierundzwanzigsten getauft, wobei er den Namen Johann Georg erhielt. Gevatter war Johann Georg Schüler, des hiesigen Einwohners Jakob Schüler ehelicher Sohn.
+ 7.7.1903

Auch hier zunächst wieder ein paar Kirdorfer Episoden aus dieser Zeit: Etwa 7 Jahre vorher - 1827 - wird die „Neue Schule" an der Bachstraße gebaut. Sie hat fünf Klassenzimmer und zwei Lehrerwohnungen. Damit hat der Sohn wohl bessere Ausgangsvoraussetzungen bezüglich Bildung, als sein Vater - der, wie wir ja mittlerweile wissen, mit dem Schreiben und Lesen noch seine liebe Not hatte.

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Kirdorf, alte Schule vor 1910

 

Die Sandsteinbrücke über den Kirdorfer Bach steht bei Johann Georgs Geburt gerade mal fünf Jahre: „1830 - Im Zuge des Ausbaus der „Chaussee Homburg-Friedberg" wird dort, wo die Kirdorfer Straße auf die Bachstraße trifft, eine Sandsteinbrücke erbaut, die eine breite Furt und einen Fußsteg ersetzt" (aus „Der Taunusdom Kirdorf").

Kirdorf,
Bachstraße vor der Überbauung
im Jahre 1963
Der Standpunkt des Fotografen entspricht der Brücke von 1830

 

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Taufpate unseres Johann Georg war ein gewisser „Johann Georg Schüler, des hiesigen Einwohners Jakob Schüler ehelicher Sohn". Das ist bereits das zweite mal, daß ein Taufpate mit dem Familiennamen Schüler bei uns in Erscheinung tritt, deswegen möchte ich dieser „Spur" ein wenig nachgehen. Zum Zeitpunkt der Geburt gab es in Kirdorf einen Johann Georg Schüler, dessen Vater Jakob hieß. Es handelte sich dabei um einen kleinen Jungen, der gerade mal 5 Jahre alt war und ein Jahr später bereits starb. Der Vater war Maurer und lebte in Kirdorf.

Der -bzw. die -zweite Taufpatin mit Familiennamen Schüler war die Patin von Maria Anna Ernst, einer Schwester unseres Johann Georg. Sie hieß Maria Anna Schüler und war die Tochter des „Waldförsters" Lorenz Schüler, der wohl ebenfalls in Kirdorf ansässig war. Es handelt sich also um zwei völlig verschiedene Familien mit Nachnamen Schüler. Meine Vermutung geht dahin, daß das doppelte Vorkommen des Namens Schüler eher ein Zufall ist und daß die Verbindung zu den beiden Familien über die weibliche Linie, also die Mütter der Paten, zu finden ist. Der Waldförster Schüler war mit einer Klara Wehrheim verheiratet und der Maurer Schüler mit einer Maria Katharina Borig. Den Familiennamen Wehrheim und Borig begegnen wir in unserer Familienchronik immer wieder; zu den „Schülers" dagegen ist bisher keine familiäre Verflechtung bekannt.

Mit dem oben zitierten Eintrag der Geburt Johann Georgs in das Kirchenbuch St. Johannes endet für ca. 25 Jahre die amtliche „Berichterstattung" über unseren Vorfahren. Aufgrund der Geschichtsschreibung wissen wir, daß er Zeitzeuge folgender lokaler Ereignisse war: 1847 - Landgraf Gustav von Hessen Homburg läßt in den Rabenstein, der sich in seinem Eigentum befindet, die Initialen „LG" für Landgraf Gustav einmeißeln und benennt den Stein in „Gustavsstein" um (aus „Der Taunusdom Kirdorf - woraus auch die folgenden Textpassagen stammen); 28.12.1849 - In Kirdorf findet die erste Bürgermeisterwahl statt, bei der der bisherige Schultheiß Johannes Raab zum Bürgermeister gewählt wird. 1854 schließlich wird unter dem Gartenarchitekten Peter Josef Lenn’e der erste Teil des Homburger Kurparks angelegt.

Von besonderem lokalen Interesse ist natürlich, daß am 20.4.1858 mit dem Abbruch der Kirdorfer Kirche begonnen wird. Johann Georg ist zu diesem Zeitpunkt 22 Jahre alt. Später werden wir noch erfahren, daß er von Beruf Gerber und Maurer war. Es ist also nicht ganz unwahrscheinlich, daß er als junger Maurer am Abriß der alten und dem Bau der neuen - der heutigen St. Johannes Kirche in Kirdorf - mitgewirkt hat.

Das nächste, was wir über unseren Johann Georg Ernst erfahren, ist ein Eintrag ins Kirchenbuch St. Johannes. Unter dem 4. Februar 1860 ist unter „Geburten" folgendes zu lesen:

1860/537
Ernst - unehelich
Den 4. Februar gebar Ursula Goldmann, des hiesigen Ortsbürgers und Zimmermanns Johann Goldmann, zweiter, und dessen zweiter Ehefrau Elisabeth, geb. Damm, ehelich ledige Tochter, das erste uneheliche Kind, den ersten Sohn, und wurde derselbe am 6. Februar getauft, wobei er den Namen Andreas erhielt. Als Vater des Kindes bekannte sich Georg Ernst, der hiesigen Eheleute Georg Ernst und Katharina, geb. Wehrheim, ehelich lediger Sohn. Gevatter war: Andreas Damm, Hausknecht zu Homburg aus Schröck.

Durch die Ehe legitimiert. vide Copul. Prot. frag. 244

Der Name Johann Georg Ernst taucht also erstmals wieder als Vater eines Kindes auf. Mutter ist die aus Kirdorf stammende Ursula Goldmann. Johann Georg hat dieses Kind, Andreas, als sein eigenes anerkannt und jene Ursula Goldmann etwa zwei Jahre später geheiratet. Andreas werden wir später noch einmal wiederbegegnen: Er ist unser direkter Vorfahre, mein Urgroßvater (den ich leider nicht mehr persönlich kennenlernen konnte). Ihm wird selbstverständlich ein eigenständiges Kapitel in der Chronik gewidmet.


Die Ehe mit Ursula, geb. Goldmann

Die „Goldmanns" - obwohl bisher in der Chronik noch nicht in Erscheinung getreten - sind eine zu diesem Zeitpunkt bereits seit langem in Kirdorf ansässige Familie. Ur-Ur-Großvater jener Ursula war der Kirdorfer Lehrer Johannes Goldmann, den man häufig in alten Eintragungen als Zeugen findet; er war wohl zu seiner Zeit als Lehrer einer der wenigen, die des Lesens und Schreibens kundig waren.

Die Mutter von Ursula Goldmann war eine geb. Damm und stammte aus Schröck, einem kleine Ort westlich von Marburg. Zur Erinnerung: Ein Andreas Damm aus Schröck (Hausknecht zu Homburg aus Schröck) tauchte auch als Pathe unseres kleinen Andreas auf.

Gemäß Eintragung im Kirchenbuch „Geburten" erblickte Ursula Goldmann am 3.5.1839 in Kirdorf das Licht der Welt:

Auszug aus Kirchenbuch St. Johannes, Geburten:
1839/632
Goldmann
Den 3. Mai wurde dem hiesigen Einwohner Johann Goldmann 2. von seiner zweiten Ehefrau Elisabetha geb. Damm das vierte Kind, das dritte dieser Ehe, das vierte Mädchen, geboren und den fünften getauft, wobei es den Namen Ursula erhielt. Pathin war Ursula Hett, des hiesigen Einwohners Johannes Hett ehelich ledige Tochter.
+ 15.5.1894

Die erste „Spur" von Ursula Goldmann in den Kirchenbüchern ist nicht die Hochzeit mit Johann Georg Ernst, auch nicht die Geburt von Andreas, nein, sie taucht ganz überraschend als Taufpatin auf:

Auszug aus dem Kirchenbuch St. Johannes, Geburten:
1859/517
Ernst - Den 5. Juni wurde dem hiesigen Ortsbürger und Maurer Peter Ernst von seiner Ehefrau Anna Maria, geb. Molitor, das dritte Kind, eine Tochter, die zweite Tochter, geboren und den 12. Juni getauft, wobei sie den Namen Ursula erhielt. Gevatterin war: Ursula, des Johann Goldmann, zweiter, und dessen Ehefrau Elisabeth, geb. Danner, ehelich ledige Tochter.

Peter Ernst ist der ältere Bruder unseres Johann Georg. Er ist mit einer Anna Maria geb. Molitor verheiratet und hat bereits zwei Kinder, als 1859 die kleine Ursula als drittes Kind zur Welt kommt; für dieses Kind ist Ursula Goldmann als Taufpatin eingetragen (wenige Jahre später finden wir übrigens den umgekehrten Sachverhalt wieder: Eine „Ernst"-Tochter tritt als Patin eines „Goldmann"-Kindes auf - alles Indizien für eine enge Familienbindung, von der heute leider keiner mehr etwas weiß).

Nicht mal ganze 9 Monate nach der Geburt der „kleinen" Ursula ist die „große Ursula" dann selbst Mutter. Den Eintrag aus dem Kirchenbuch hatte ich schon an anderer Stelle zitiert. Damit der Zusammenhang gewahrt bleibt, sei er hier noch einmal vermerkt:

1860/537
Ernst - unehelich
Den 4. Februar gebar Ursula Goldmann, des hiesigen Ortsbürgers und Zimmermanns Johann Goldmann, zweiter, und dessen zweiter Ehefrau Elisabeth, geb. Damm, ehelich ledige Tochter, das erste uneheliche Kind, den ersten Sohn, und wurde derselbe am 6. Februar getauft, wobei er den Namen Andreas erhielt. Als Vater des Kindes bekannte sich Georg Ernst, der hiesigen Eheleute Georg Ernst und Katharina, geb. Wehrheim, ehelich lediger Sohn. Gevatter war: Andreas Damm, Hausknecht zu Homburg aus Schröck.

Durch die Ehe legitimiert. vide Copul. Prot. frag. 244

Die Hochzeit der beiden findet dann schließlich zwei Jahre später statt:

1862/244
Ernst - Goldmann
Den 4. Mai wurden getraut Georg Ernst, eheled. Sohn der hiesigen Eheleute Georg Ernst und Katharina geb. Wehrheim, angehender hiesiger Orstbürger, alt sechsundzwanzig Jahre, sieben Monate, zehn Tage (geb. 23.9.1835), und Ursula Goldmann, eheled. Tochter der hiesigen Eheleute Johannes Goldmann 2 und der Elisabeth, geb. Damm, alt vierundzwanzig Jahre (geb. 3.5.1838).

Zeugen: Georg Ernst von hier, Vater des Bräutigams, welcher des Schreibens unkundig mit drei Kreuzchen unterzeichnet, und Johannes Goldmann 2., Vater der Braut.

Der Zeitpunkt der Hochzeit fällt in eine der interessantesten Perioden der Kirdorfer Lokalgeschichte und der Geschichte der Pfarrei St. Johannes. Wenige Wochen vor der Hochzeit, am 4. März 1862, war - kurz vor Vollendung des Kirchenbaus - plötzlich und unerwartet der Initiator und Hauptförderer des Projekts, Geistlicher Rat Pfarrer Christian Hüther gestorben. Hüther war es, der zusammen mit Bürgermeister Raab für den Fortgang des Baus unermüdlich gesorgt hatte (vgl. „Der Taunusdom Kirdorf").

Zum Zeitpunkt der Hochzeit hatte also Kirdorf gerade seinen Pfarrer verloren. Einen neuen Pfarrer gab es noch nicht, ein Pfarrverwalter mit Namen Conrad Sickingen ist überliefert, letzterer war zu Lebzeiten des Christian Hüther als Kaplan in der Gemeinde tätig. Der Kirchenbau war damals noch nicht vollendet, insbesondere waren die beiden Türme noch nicht fertiggestellt. Etwa zwei Wochen nach der Hochzeit wird die größte der Glocken, die Johannis-Glocke geweiht.

Blick auf die St. Johannes Kirche zu Kirdorf vor dem ersten Weltkrieg (um 1910).
Zum Zeitpunkt der hier geschilderten Ereignisses war der Bau der Kirche noch nicht vollendet.
Insbesondere waren die beiden
Kirchtürme noch nicht fertiggestellt.

 

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Etwa drei Monate nach der Hochzeit - am 31.08.1862 - findet die offizielle Weihe durch den Mainzer Bischof Wilhelm Emmanuell von Ketteler statt. Man könnte fast meinen, die beiden hätten ursprünglich mit der Hochzeit bis zu Fertigstellung der Kirche warten wollen - tatsächlich liegt der Zeitpunkt aber genau zwischen dem Tod Hüthers und der Einweihung der Kirche durch Bischof Ketteler. Wenn es denn so war, ist der Hinderungsgrund für eine längeres Warten leicht gefunden:

Nur ganze drei Tage nach dem denkwürdigen Ereignis der Kirchenweihe wird das erste Töchterchen der beiden geboren und getauft:

Auszug aus Kirchenbuch St. Johannes, Geburten:
1862/611
Ernst
Den 3. September wurde dem hiesigen Bürger und Gerber Georg Ernst von seiner Ehefrau Ursula, geb. Goldmann, das zweite Kind, ein Mädchen, das erste Mädchen geboren und am 7. desselben Monats getauft, wobei es den Namen Anna Maria erhielt. Patin war: Anna Maria Goldmann, ehelich ledige Tochter des hiesigen Bürgers Johannes Goldmann, zweiter, und seiner Ehefrau Elisabetha, geb. Damm

Bei Anna Maria Goldmann handelt es sich aller Wahrscheinlichkeit nach um die älteste Schwester unser Ursula.

Im Jahr 1864 wird ein weiteres Töchterchen geboren:

Auszug aus Kirchenbuch St. Johanns, Geburten:
1864/26 - Ernst
Am 4. Februar wurde dem hiesigen Bürger und Maurer Georg Ernst von seiner Ehefrau Ursula geb. Goldmann das dritte Kind, das zweite Mädchen geboren und am siebenten getauft, wobei es den Namen Elisabetha erhielt. Pathin war Elisabetha Boß, des hiesigen Bürgers und Maurers Anton Boß Ehefrau

Zwei Jahre später folgt ein weiteres Mädchen:

Auszug aus Kirchenbuch St. Johannes, Geburten:
1866/76
Ernst
Den 21. März wurde dem hiesigen Bürger und Fabrikarbeiter Georg Ernst von seiner Ehefrau Ursula geb. Goldmann, das vierte Kind, die dritte Tochter geboren und den fünfundzwanzigsten getauft, wobei sie den Namen Katharina erhielt. Pathe war Katharina Ernst, Tochter von Adam Ernst, dessen Ehefrau Margaretha geb. Borig dieses Protokoll unterschrieben hat.

Dann dauert es noch einmal ganze 9 Jahre bis schließlich der zweite Sohn, das letzte Kind der Familie, auf die Welt kommt:

Auszug aus dem Kirchenbuch St. Johannes, Geburten:
1875/340 - Ernst
Den 11. November wurde dem hiesigen Bürger Georg Ernst von seiner Ehefrau Ursula geb. Goldmann das fünfte Kind, der zweite Knabe geboren und am vierzehnten getauft, wo er den Namen Adam erhielt. Pathe war Adam Birkenfeld, ehelicher Sohn von Heinrich Birkenfeld.

Interessant ist, daß der Beruf unseres Johann Georg Ernst von Eintrag zu Eintrag anders angegeben wird: 1862 Gerber, 1864 Maurer, 1866 Fabrikarbeiter - und da denken wir doch immer, die Ansprüche an die Flexibilität hinsichtlich des Arbeitseinsatzes seien eine besondere Herausforderung unserer Zeit...

Nachdem die Kinder alle zur Welt gebracht sind, finden wir etwa 10 Jahre keine Eintragungen mehr. Gottseidank - denn anders als bei den früheren Generationen bleibt es uns erspart, die Eintragungen aus den „Todesfällen" zitieren zu müssen. Nein, das Problem mit der ungeheuren Kindersterblichkeit scheint überwunden, nicht nur in unserer Familie, sondern generell. Das wird zur Folge haben, daß die zukünftigen Familien in der Regel deutlich weniger Kinder haben werden, als die Generationen zuvor - Die Großfamilie als „Regel" tritt ab und macht der heutigen „Standardfamilie", dem „Vier-Personen-Haushalt" Platz. Somit erleben wir hier am Schicksal einer einzigen Familie „lebendige Geschichte".

Zurück zu unserem Paar: Johann Georg und seine Frau Ursula haben das Glück, daß sie die Hochzeiten zumindest vier ihrer fünf Kinder noch miterleben dürfen (das Hochzeitsdatum des letzten Kindes, Adam, ist mir gegenwärtig noch nicht bekannt).

Als erstes Kind heiratet am 24.02.1884 die Tochter Anna Maria:

Auszug aus Kirchenbuch St. Johannes, Kirdorf
1884/545, Februarius
Braun Ernst
24. Johannes Georg Henricus Braun cael. murarius filius legit. defuncti Henrici Braun et Carolinae natae Wiesler, aetate 25 annorum (natus 21.11.1859) et

Anna Maria Ernst cael. filia legit. Georgii Ernst operarii in fabrica civ. huj. et Ursulae natae Goldmann conj. , aetate 22 annorum (nata 3.9.1862)

Testes fuere: Georgius Ernst et Johannes Wiesler

Anna Maria heiratet also den in Kirdorf ansässigen Maurer Johann Georg Heinrich Braun. Das Paar wird insgesamt 10 Kinder haben. Wer sich für das Schicksal dieser Familie interessiert: Im Familienbuch Kirdorf ist es unter der Nummer 634 zu finden. Johann Georg erscheint hier wieder als Fabrikarbeiter (operarii in fabrica).

Im darauffolgenden Kalenderjahr findet die zweite Hochzeit statt. Der erstgeborene Sohn Andreas heiratet die - ebenfalls aus einer „alten" Kirdorfer Familie stammende - Margaretha Hett:

Auszug aus Kirchenbuch St. Johannes, Kirdorf:
1885 / 551 - October
Ernst - Hett
26. Andreas Hett cael. operarius in fabrica filius legit Georgii Ernst et Ursulae natae Goldmann conj. huj. aetate 24 3/4 annorum et Margaretha Hett cael. filia legit. defunctorum conj. huj. Caspari Hett et Catharinae natae Weiser, aetate 23 ann. Testes fuere: Georgius Ernst, pater sponsi et Georgius Eduardus Hett frater sponsae.

Wir haben es hier mit dem Paar zu tun, aus deren Ehe unsere direkten Vorfahren hervorgegangen sind - genauer gesagt: mit meinen Großeltern. Deshalb möchte ich an dieser Stelle nicht allzu viele Wort über die beiden verlieren, denn Ihnen wird ein eigenes Kapitel gewidmet; ein Kapitel, in dem endlich die bloße Aufzählung von Namen, Geburts-, Hochzeits- und Sterbedaten ein Ende hat und die Personen durch Bilder, Anektdoten und persönlichen Erinnerungen ein wenig Gesicht bekommen. Doch davon später.

1887 folgt die Heirat der Tochter Elisabeth Ursula mit Heinrich Florian Borig:

Auszug aus Kirchenbuch St. Johannes, Kirdorf
1887 / 561, Borig - Ernst
18. Henricus Florianus Borig caelebs operarius filius legit. Henrici Borig et Elisabeth Schüler conjug. huj. natus 30. April 1860 et

Elisabeth Ernst filia legit. Gerardi Ernst et Ursulae Goldmann caelebs, nata 4. Febr. 1864 hujates. Testes erant Henricus Braum in Bockenheim et Georgius Ernst, huj.

Und knapp drei Jahr später ist die nächste Hochzeit zu verzeichnen: Katharina Ernst heiratet Christoph Astemer.

Über die Hochzeit des jüngsten Kindes, des 1875 geborenen Adam, gibt das Familienbuch Kirdorf nichts mehr her. Die Kirchenbücher sind für die Zeit nach der Jahrhundertwende ebenfalls noch nicht ausgewertet, bzw. stehen mir noch nicht zur Verfügung. Hier liegt noch einige Arbeit vor uns.

Allerdings setzen an dieser Stelle bereits die ersten Erinnerungen ein, bzw. lassen sich andere Quellen erschließen. Aus der Ehe Adam Ernst - Margarethe Borig werden drei Kinder hervorgehen: Jakob, Käthe und Maria. Die Geburtsdaten lassen allerdings darauf schließen, daß Johann Georg und Ursula die Hochzeit nicht mehr erlebt haben werden, die Geburt der Enkelkinder ohnehin nicht mehr. Maria wird schließlich den Kirdorfer Albert Dötig heiraten. Hier stoßen wir zum ersten mal bei dieser Recherche auf noch lebende „Kirdorfer": der Familie des Arthur Dötig.


Ergänzung Dezember 2002

An dieser Stelle kann ich mit neuen Erkenntnissen dienen, die ich aber noch nicht alle zu Papier bringen konnte. Über den Tod "unseres" Johann Georg Ernst II konnte ich z.B. folgendes in Erfahrung bringen: 

 

Auszug Kirchenbuch St. Johannes, Todesfälle:

Zeit des Sterbens: 7. Juli 1903, 07:00
Zeit des Begräbnisses: 10. Juli 1903
Familienname: Ernst
Taufname: Johann Georg 2.
Ort, wo er gestorben ist: Kirdorf
Zeit der Geburt: 23.9.1835, hier (= Kirdorf)
Gewerbe: Lederfärbermeister
Confession etc.: Ehemann, katholisch

 

Die Information, das Johann Georg von Beruf Lederfärbermeister war, ist gänzlich neu. Dieser Umstand ist ertmals im Zusammenhang mit seinem Tod erwähnt worden. Aus dem Kirchenbuch ist weiterhin ersichtlich, daß Johann Georgs Sohn Andreas in der gleichen Woche sowohl seinen Vater, also auch seinen Schwager (Johann Goldmann 4., verstorben 2. Juli 1903) zu Grabe tragen muß. Die beiden Einträge liegen exakt untereinander (laufende Nr. 18 und 19).


Schlußbetrachtungen zur Person Johann Georgs und seiner Frau Ursula

Ursula erlebt den Jahrhundertwechsel nicht mehr, sie stirbt am 15.5.1894 im Alter von nur 55 Jahren, am 07.07.1903 folgt Johann Georg im Alter von 67 Jahren nach. Die beiden haben demnach kein sonderlich hohes Alter erreicht. Aber sie haben es geschafft, alle 5 Kinder großzuziehen und es blieb ihnen erspart, den Tod ihrer Kinder erleben zu müssen. Auch die Geburt von etwa 10 ihrer Enkelkinder werden sie noch erlebt haben. Dies ist beileibe keine Selbstverständlichkeit, sondern leider die Ausnahme:

War es bei den vorherigen Generationen die hohe Kindersterblichkeit, die den Eltern dieses Glück nicht vergönnte, so werden es bei den nachfolgenden Generationen die beiden großen Kriege sein. Hierüber wird später noch zu berichten sein.

Von solchen großen Katastrophen blieb das Leben von Johann Georg und Ursula verschont. Im Gegenteil, ich glaube, daß die beiden - obwohl materiell sicherlich nicht reich gesegnet - von den durchaus positiven Geschehnissen um sie herum mitgeprägt worden sein müssen.

Ich meine damit den Bau der St. Johannes Kirche in Kirdorf, der in die Zeit der Jugend, bzw. des jungen Erwachsenenlebens der beiden fällt. Nicht nur für die Kirdorfer Gemeinde, sondern insbesondere auch für unsere Familie wird dieser Bau eine bedeutende Rolle gespielt haben. Kirdorf war zu jener Zeit räumlich wesentlich kleiner als heute, alles spielte sich um die Kirche herum ab.

Vor allem war es für die Kirdorfer ja „ihre Kirche", deren Bau sie durch gewaltige Eigeninitiative unterstützen. Nachdem man am Rande des Hardtwaldes eigens für den Kirchenbau einen kleinen Steinbruch angelegt hatte, waren „tagsüber.. nur Frauen, Kinder und ältere Menschen damit beschäftigt, den Grünschiefer zu brechen. Nach Feierabend kamen die Männer und fuhren die gebrochenen Steine zur 350 m entfernt liegenden Baustelle am Kirchberg und arbeiteten dort unentgeltlich weiter. Dadurch konnte der Bau um ein beträchtliches verringert werden. Außerdem gab es den Kirdorfern später einen besonders engen Bezug zu ihrer Kirche: Es war i h r Gotteshaus, das sie mit eigenen Händen errichtet hatten" (aus „Der Taunusdom Kirdorf).

Johann Georg Ernst, dessen Beruf unter anderem mit Maurer angegeben wird, kann von diesen Ereignissen nicht unbeeinflußt geblieben sein. Das gleiche gilt natürlich auch für dessen Brüder Peter und Adam, deren Beruf mit „Maurer" überliefert ist. Der Schwiegervater Johannes Goldmann schließlich war Zimmermann. Welche Rolle die Familie konkret im Zusammenhang mit dem Kirchenbau spielte, ist nicht überliefert.

Wegen der engen Bindung der Kirdorfer zu ihrer Kirche möchte ich auch die folgende Episode wiedergeben, die sich etwa zu der Zeit abgespielt haben muß, als das erste Töchterchen unseres Ehepaares das Licht der Welt erblickte:

„Mit dem Tag der Einweihung waren die Bauarbeiten an der Kirche jedoch keineswegs beendet, da die Vollendung der Türme noch ausstand. Bis zu diesem Zeitpunkt war beim Bau kein einziger Unfall vorgekommen, wie die Chronik ausdrücklich vermerkt. Dan aber mußte die Kirche noch ein zweites mal geweiht werden. Die Chronik berichtet darüber: Die Kirchtürme waren bei der Einweihung der Kirche noch nicht ganz vollendet. Als eines Tages die Arbeiter gerade Feierabend machten, kam eine nobel gekleidete Dame und stieg, ohne jemanden um Erlaubnis zu fragen, die Gerüstleiter zum Turm hinauf. Die Arbeiter glaubten, die kouragierte Fremde mache den Aufstieg, um die schöne Aussicht zu genießen, die man von der Turmhöhe hatte. Kaum oben angekommen, stürzte sie in die Tiefe. Zerschmettert am Boden liegend rief sich noch mehrere Male „Mon Dieu, mon Dieu" (Mein Gott, mein Gott) und gab dann ihren Geist auf. Es war eine der unglücklichen Fremden, die in Homburg beim Hazardspiel ihr ganzes Geld verloren hatte und dann diesen Akt der Verzweiflung unternahm. Durch diesen Selbstmord war das Gotteshaus entweiht worden. Die Rekonziliation, die Wiederweihe, wurde in aller Stille vorgenommen" (aus „Der Taunusdom Kirdorf")

Ich möchte betonen, daß ich hier nur den zeitlichen und räumlichen Zusammenhang darlegen möchte. Es gibt keinerlei Indizien oder gar Fakten, die auf eine Verbindung Johann Georgs und seiner Familie zum Kirchenbau oder dem obigen Ereignis hinweisen.

Trotz alledem sind Johann Georg und Ursula die ersten Vorfahren, von denen noch ein klein wenig mehr an Informationen erhalten geblieben ist, als die nackten Fakten aus den Kirchenbüchern. Auf dem Dachboden meines Elternhauses in der Friedberger Straße 12 - in dem bisher 4 Generationen der Familie lebten - lagen über Jahrzehnte - fast vergessen - zwei alte Fotographien, die unserem eben beschriebenen Johann Georg und dessen Ehefrau Ursula zugeordnet werden können. Daß es die beiden sind, weiß ich von meinem Vater und der weiß es wiederum von seinem Vater. So wären denn die beiden folgenden Bilder die zur Zeit ältesten bildlichen Darstellungen unserer Vorfahren:

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erjo01.jpg (46606 Byte)

Ursula Ernst
geb. Goldmann
1839 - 1894

Johann Georg Ernst
1835 - 1903

Anlaß der Aufnahme könnte die Silberne Hochzeit der beiden im Jahr 1887 gewesen sein.

Bezüglich der nächsten Generation gibt es dann schon reichhaltigeres Bildmaterial. Wir haben es vor allem der Sammelleidenschaft meines Vaters zu verdanken, daß diese Bilder noch erhalten geblieben sind; und: ohne seine Erinnerung an Zeit, Ort und Inhalt wären die Bilder heute für die Familienchronik wertlos, denn unter den Lebenden wäre außer ihm kaum noch jemand im Stande, die Personen auf den Bildern zu identifizieren. Wahrscheinlich wären sie früher oder später auf dem Flohmarkt gelandet.

So wohl auch folgendes Bild, auf dem fast alle Kinder „unseres" Paares mit ihren Ehegatten zu sehen sind - allerdings erst gegen Ende ihres Lebens, wobei bereits einige Lücken klaffen:

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Das Bild ist wahrscheinlich anläßlich der Goldenen Hochzeit von Heinrich Florian Borig und dessen Ehefrau Elisabeth Ursula geb. Ernst im Jahre 1937 entstanden. Es zeigt in der hinteren Reihe von links Adam Ernst & Ehefrau Maria geb. Schickling, der Herr rechts daneben konnte noch nicht sicher identifiziert werden. Ich vermute, daß die Lücke zwischen den Personen bewußt freigelassen wurde: Hier hätte jemand stehen sollen, der zum Zeitpunkt der Aufnahme bereits nicht mehr lebte. Da das Bild offensichtlich die Ernst-Geschwister abbilden sollte, könnte dieser Platz der hier fehlenden Katharina oder Anna Maria gehören. Wahrscheinlich gehört der Platz Katharina Ernst, denn der Herr rechts ist schon als „ein Astemer" erkannt worden - allerdings nicht mit Sicherheit. Unterstellen wir einmal, das sei richtig, dann wäre der Herr hinten rechts Christoph Astemer und im Geiste sehen wir neben ihm seine Ehefrau Katharina Ernst.

In der vorderen Reihe haben wir dann links außen zunächst mit einer Unbekannten zu kämpfen - eine aus der Familie Boß soll es sein, habe ich einmal gehört. Sicher ist das nicht. Doch dann wird es wieder etwas bestimmter: Hier sehen wir mit hoher Wahrscheinlichkeit das Goldene Hochzeitspaar - Heinrich Florian Borig und dessen Ehefrau Elisabeth Ursula geb. Ernst. Absolut sicher ist dann das Paar vorne rechts überliefert: Es handelt sich um Margarethe "Gretche" Ernst geb. Hett und ihren Ehemann Andreas Ernst, den Ältesten unter den Geschwistern.

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