Johann Georg Ernst I. (1796 - 1873)

Johann Georg Ernst wurde 03.01.1796 als fünftes Kind des Strumpfwebers Georg Friedrich Ernst und seiner Ehefrau Elisabetha geb. Braun (oder Braum) geboren. Er darf sich auf jeden Fall schon als echter Kirdorfer fühlen, denn er wurde dort geboren und getauft. Dies ist sowohl dem Familienbuch Kirdorf zu entnehmen - in dem Johann Georgs spätere Familie unter der Familiennummer 839 aufgeführt ist - als auch den Abschriften der Kirchenbücher.

Bei der Taufe stand ein gewisser „Joahnes Georgius Braum Solutas hujas et miles" Pate. Über die Schwierigkeit der richtigen Zuordnung des Taufpaten hatte ich bereits berichtet. Lassen wir mal die reinen Fakten beiseite und fangen an zu spekulieren, so könnte es sein, daß hiermit jener Johann Georg Braum gemeint ist, der im Familienbuch Kirdorf unter Nr. 481 aufgeführt ist. Interessant ist nämlich, daß jener Johann Georg Braum zweimal verheiratet war und es insgesamt auf die stattliche Anzahl von 16 (!) Kindern brachte. Vielleicht ist es nur Zufall, aber in dieser Familie tauchen all die Namen auf, die für unsere Ernst-Kinder als Taufpaten eingetragen sind. Es gibt eine Catharina Braum (die zweite Ehefrau von Johann Georg), eine Maria Elisabetha und eben besagten Johann Georg Braum. Bestechend ist der Zusammenfall der zeitlichen Lage, damit meine ich, daß nicht nur alle drei Namen in der gleichen Familie auftauchen, sondern auch alle namentlichen Treffer von der Lebenszeit her in der Lage gewesen wären, als Taufpaten zu fungieren. Ich bin mir fast sicher, daß ich hier die Familie entdeckt habe, zu der unsere „Ernste" damals ein enges verwandtschaftliches und/oder freundschaftliches Verhältnis gehabt haben müssen. Leider ist außer Namen und den nackten Daten - Geburt, Hochzeit und Tod - nichts überliefert.

Genau so wenig, wie über unseren Johann Georg selbst. So müssen wir uns auch hier wieder zunächst an die nackten Fakten klammern, die ich im folgenden chronologisch geordnet auflisten möchte.


Die Ehe mit Maria Katharina, geb. Wehrheim

Am 18.11.1822 heiratet Johann Georg in Kirdorf ein Mädchen mit dem Namen Maria Katharina Wehrheim. Dies erfahren wir sowohl aus dem Familienbuch Kirdorf, als auch aus den Abschriften der Kirchenbücher:

Ernst / Wehrheim - Den 18. November 1822 getraut Georg Ernst, hinterl. led. Sohn des verst. Georg Friedrich Ernst und Maria Katharina Wehrheim, ledige Tochter des Gerhart Wehrheim.

Obwohl es in Kirdorf wohl mindestens ebenso viele Wehrheims wie Braums bzw. Brauns gegeben hat, haben wir hier keine Schwierigkeit, die Familie zuzuordnen - immer vorausgesetzt, die Angaben im „Familienbuch Kirdorf" sind korrekt. Alle Einzelheiten wiederzugeben, würde den Rahmen der Familienchronik sprengen, aber soviel sei vermerkt: Über die verwandtschaftliche Beziehung zu den Wehrheims bestätigt sich im Nachhinein meine ursprüngliche Vermutung doch noch. Wenn sich auch der Familienname Ernst „erst" seit etwa 300 Jahren in Kirdorf nachweisen läßt, so gehen die Wurzeln über die mütterlichen Linien wesentlich weiter zurück. Unsere Maria Catharina Wehrheim ist ein direkter Sproß jenes August (Theineß) Wehrheims, dessen Existenz sich sowohl über das Familienbuch Kirdorf, als auch die Abschriften der Kirchenbücher nachweisen läßt (Hochzeit 1626 in Kirdorf, Tod 1671 in Kirdorf).

Damit wir uns besser vorstellen können, in welcher Zeit wir uns befinden, hier ein paar historische Parallelen aus dem damaligen Kirdorf: 1821 - also etwa ein Jahr vor der Hochzeit Johann Georgs - wird die neu erbaute „Karls-Brücke" an der Chaussee zur Saalburg durch den Erzherzog von Österreich, dessen Gemahlin Henriette von Nassau und Landgraf Friedrich Josef von Hessen-Homburg eingeweiht. Noch ein Jahr zurück wird von den Chronisten vermerkt, daß sich in Bad Homburg unter besagtem Landgraf Friedrich Josef und seiner englischen Frau Elisabeth eine große Bautätigkeit entwickelte, die den größten Teil der Kirdorfer veranlaßte, sich dem Handwerk zu widmen. Schon bald haben Kirdorfer Handwerker viel Erfolg und einen guten Ruf in der ganzen Umgebung (vgl. „Der Taunusdom Kirdorf"). Wir können nicht sagen, ob Johann Georg von dieser Entwicklung profitiert haben, bisher habe ich lediglich den Hinweis gefunden, daß er - wie sein Vater - Strumpfweber war. Daß er sein Leben lang nichts anderes getan hat, als Strümpfe zu weben, läßt sich allerdings nur schwer vorstellen. Alles weitere wäre aber gegenwärtig reine Spekulation.

Keine Spekulation dagegen ist, daß Johann Georg seinem Vater an Tempo bezüglich Nachkommenschaft in nichts nachstand: Bereits drei Monate nach der Hochzeit liegt das erste Kind in der Wiege: Maria Katharina, geb. am 17.02.1823. Aus den Abschriften der Kirchenbücher erfahren wir:

Ernst - den 17. Februar (1823) wurde dem hiesigen Einwohner Georg Ernst von seiner Ehefrau Anna Katharina geb. Werheim das erste Kind, ein Mädchen geboren und den achtzehnten getauft, wobei es den Namen Maria Katharina erhielt. Gevatterin war Maria Katharina Boßin, ledig.

In der Abschrift der Kirchenbücher steht an dieser Stelle tatsächlich „Anna Katharina" und nicht „Maria Katharina". Da alle übrigen Fakten stimmen, nehme ich an, daß es sich hierbei um einen Fehler handelt - entweder beim Abschreiben, oder bereits beim Eintragen des Namens.

Maria Katharina wird später - am 16.03.1854 - den aus Seulberg stammenden Georg Philipp Frank - seines Zeichens „Hornist zu Homburg" - heiraten und mit ihm eine Familie gründen, deren Spur ich aus zeitlichen Gründen leider nicht auch noch nachverfolgen kann; vielleicht ergibt sich hierzu später noch die Gelegenheit. Aber laßt uns zunächst bei unserer Kirdorfer Familie des Johann Georg Ernst verweilen.

Am 10.11.1824 kommt das zweite Mädchen zur Welt, das den Namen Maria Anna erhält:

1824/330
Ernst - Den 10. November wurde dem hiesigen Einwohner Johann Georg Ernst von seiner Ehefrau Katharina geb. Wehrheim das zweite Kind, das zweite Mädchen dieser Ehe geboren und den elften getauft, wobei es den Namen Maria Anna erhielt. Gevatterin war Maria Anna Schüler, des hiesigen Einwohners Lorenz Schüler ehelich lediges Töchterchen.
+ 3.2.1826

Noch bevor das dritte Kind das Licht der Welt erblickt, ist Maria Anna aber bereits wieder tot. So kommt es, daß am 24.09.1826 ein weiteres Mädchen zur Welt kommt, das wieder den gleichen Namen erhält:

Ernst - Den 24. September wurde dem hiesigen Einwohner Johann Georg Ernst von seiner Ehefrau Katharina geb. Wehrheim das dritte Kind, das dritte Mädchen dieser Ehe geboren und den fünfundzwanzigsten getauft, wobei es den Namen Maria Anna erhielt. Gevatterin war Maria Anna Wehrheim, der Kindbetterin ledige Schwester
+ 18.05.1891

Anna Maria wird am 22.02.1857 in Kirdorf den Lederarbeiter Heinrich Birkenfeld heiraten und mit ihm eine Familie gründen, deren Nachkommen im Familienbuch Kirdorf unter der Nummer 243 aufgezeichnet sind und deren vollständige Wiedergabe den Rahmen dieser Familienchronik sprengen würde.

Es vergehen etwa zwei Jahre, da wird am 09.12.1828 der erste Sohn der Familie geboren. Der Sohn stirbt aber nach erhaltener Nottaufe unmittelbar nach der Geburt:

Ernst - Den 9. Dezember wurde dem hiesigen Einwohner Johann Georg Ernst von seiner Ehefrau Katharina geb. Wehrheim das vierte Kind, der erste Sohn dieser Ehe geboren, welcher sogleich nach erhaltener Nottaufe durch die Hebamme Anna Margaretha Astemer gestorben und den elften beerdigt worden in Gegenwart des Vaters.

Es dauerte noch einmal mehr als zwei Jahre bis der nächste Sohn zur Welt kam:

Ernst - Den 28. Juni (1831) wurde dem hiesigen Einwohner Johann Georg Ernst von seiner Ehefrau Katharina geb. Wehrheim das vierte Kind, der erste Sohn geboren und den neunundzwanzigsten getauft, wobei er den Namen Peter erhielt. Gevatter war Peter Hett, des hiesigen Einwohners Joh. Conrad Hett ehelicher Sohn.
+ 27.10.1901.

Peter wird später - am 28.09.1856 - Anna Maria Molitor heiraten und mit ihr 10 Kinder haben. Vermutlich resultieren aus dieser Ehe noch heute lebende „Ernste"; die Aufzeichnungskette reißt jedoch mit dem auslaufenden 19-ten Jahrhundert ab. Ich werde - sobald es meine Zeit zuläßt - mein Augenmerk darauf richten und versuchen, festzustellen, inwieweit heute noch lebende Nachkommen dieser Familie festzustellen sind.

Die Angaben des Taufpaten könnten auf den am 26.11.1805 geborenen Peter Hett, Sohn des Strumpfwebers und Ackermanns Conrad Hett zutreffen, der im Familienbuch unter der Nummer 1221 aufgeführt ist. Wenn das so ist, so bestanden bereits zu dieser Zeit freundschaftliche Beziehungen zu jener Familie Hett, in die dann später mein Großvater Georg Adam Ernst einheiratete.

Am 11.07.1834 wird Johann Georg und Maria Katharina ein tote Tochter geboren:

Ernst - Den 11. Juli (1834) wurde dem hiesigen Einwohner Johann Georg Ernst von seiner Ehefrau Katharina geb. Wehrheim das fünfte Kind und vierte Mädchen tot geboren ohne alle Zeichen des Lebens.

Im darauffolgenden Jahr wird schließlich jener Johann Georg Ernst geboren, der dafür verantwortlich ist, daß es unsere Familie heute gibt:

Ernst - Den 23. September 1835 wurde dem hiesigen Einwohner Georg Ernst von seiner Ehefrau Katharina geb. Wehrheim das sechste Kind, der zweite Sohn geboren und den vierundzwanzigsten getauft, wobei er den Namen Johann Georg erhielt. Gevatter war Johann Georg Schüler, des hiesigen Einwohners Jakob Schüler ehelicher Sohn.
+ 7.7.1903

Johann Georg wird am 4.5.1862 Ursula Goldmann heiraten. Weitere Einzelheiten kann ich mir an dieser Stelle sparen, da über diese Familie noch separat berichtet werden wird.

Als letztes Kind dieser Familie wird am 25.9.1838 ein weiterer Sohn geboren:

Ernst - Den 25. September wurde dem hiesigen Einwohner Johann Georg Ernst von seiner Ehefrau Katharina geb. Werheim das siebende Kind, der dritte Knabe geboren und den sechsundzwanzigsten getauft, wobei er den Namen Adam erhielt. Pathe war Adam Schwarz, Maurermeister und Bürger zu Homburg.
+ 29.6.1920

Adam wird später eine Margarethe Borig heiraten. Auch diese Familie wird zahlreiche Nachkommen hervorbringen, wobei die Aufzeichnungskette wie bei Peter mit Auslauf des 19-ten Jahrhunderts abbricht. Auch hier wird es noch spannend, herauszufinden, welche Nachfahren heute noch leben.

Schlußbetrachtungen zur Person Johann Georgs und seiner Frau Maria Katharina

Trotz der zahlreichen Fakten will es nicht gelingen, der Person Johann Georgs postum wieder ein wenig Leben einzuhauchen. In den Kirchenbüchern wird er immer nur als „hiesiger Ortsbürger" oder „hiesiger Einwohner bezeichnet"; weiterführende Angaben fehlen. Von seinem Sohn Peter erfahren wir zumindest bei der Eintragung der Hochzeit, daß er Maurer war. Über seinen Vater wird aber wieder nichts gesagt.

Einen interessanten Hinweis finden wir schließlich bei dem Eintrag der Hochzeit des Sohnes Johann Georg: „...Zeugen: Georg Ernst von hier, Vater des Bräutigams, welcher des Schreibens unkundig mit drei Kreuzchen unterzeichnet, und Johannes Goldmann 2., Vater der Braut". Dieser Eintrag wirft ein wenig Licht in die Verhältnisse jene Zeit, denn Johann Georg war beileibe nicht einzige Analphabet im damaligen Kirdorf. Einen ähnlichen Eintrag finden wir wieder bei dem Eintrag der Hochzeit des zweiten Sohnes Adam am 29.01.1856: „Zeugen: die hiesigen Bürger Jakob Borig und Georg Ernst, der des Schreibens unerfahren sich erklärt, mit drei Kreuz unterzeichnet."

Einen Hinweis auf den Beruf unseres Johann Georg Ernst (auf den sich wahrscheinlich auch Gottlieb See in seinem Familienbuch Kirdorf gestützt hat) finden wir erst beim Eintrag dessen Ablebens im Kirchenbuch: „Ernst - den 16. Juni (1873) starb der hiesige Bürger und Strumpfweber Georg Ernst im Alter von siebenundsiebenzig Jahren und wurde am achtzehnten l.M. beerdigt im Beisein des hiesigen Bürgers und Gärtners Adam Ernst.

An anderer Stelle (siehe unten) wird Johann Georg auch als „Taglöhner" bezeichnet. Bei Adam Ernst handelt es sich wahrscheinlich um den jüngsten Sohn (dessen Beruf wird allerdings an anderer Stelle als „Maurer" angegeben). Zusammengefaßt können wir demnach sagen, daß Johann Georg Ernst Strumpfweber war, nicht lesen und schreiben konnte und 77 Jahre alt wurde.

Am Lebensalter gemessen, hatte er damit wesentlich mehr Glück als sein Vater, der nur 54 Jahre alt wurde. Er konnte alle fünf Hochzeiten seiner Kinder miterleben und die Geburt von über 20 Enkelkindern. Von insgesamt 8 Kindern starben „nur" drei im Kindesalter - bzw. kamen tot zur Welt. Rein an diesen Fakten gemessen, hatte die Familie wesentlich mehr „Glück", als die zuvor beschriebene Familie von Georg Friedrich Ernst. Ob sie damit auch die glücklicheren Menschen waren, entzieht sich unserer Kenntnis.

Der Rufname von Johann Georg Ernst war wohl Georg oder „Schorsch" - denn wie beim Vater steht das Georg oft alleine in den Aufzeichnungen, aber Johann immer nur in Verbindung mit Georg. Der Rufname der Ehefrau muß Catharina gewesen sein. Die Schreibweise ist mal mit „C"., mal mit „K". Der zweite Name, Maria, ist oft weggelassen, ja sogar einmal falsch angegeben. Es liegt also nahe, daß sie in Kirdorf „Kättche" oder so ähnlich gerufen wurde. Auch sie hat ein schönes Alter erreicht; über ihren Tod lesen wir: „Ernst geb. Wehrheim - Den 3. Januar (1865) starb Katharina Ernst geb. Wehrheim, Ehefrau des hiesigen Bürgers und Taglöhners Georg Ernst, neunundsechzig Jahre alt und wurde den sechsten Januar beerdigt."

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